Es ist nie zu spät einen Tod zu betrauern. Eine schwerbehinderte Frau stirbt zwei Tage nach einer Zwangsräumung in einer Kältenothilfe. Viele stellen sich die Frage warum Rosemarie sterben musste. Waren es, so zynisch es klingt, formale Fehler? Oder weil sie in unserer Gesellschaft nicht mehr der Vermehrung des Geldes dienlich sein konnte?! War es weil sie “sich nicht helfen lassen” wollte?!
Am 14.04.2013, fand in Berlin Kreuzberg/Neukölln eine Gedenkdemonstration für die verstorbene Rosemarie F. statt. Einen Ereignisbericht findest Du hier.
Und die bittere Ironie?! Die ergibt sich dadurch, dass auch die Kältenothilfe in der Rosemarie ihre letzten Stunden verbrachte zwangsgeräumt werden soll. Die Räumung steht für den 17.05. ins Haus.
Ich möchte aus einem Statement der Leute zitieren, die die letzten Tage mit Rosemarie verbrachten:
“Der Berliner Zeichner Heinrich Zille hat gesagt: ‘Man kann mit einer Wohnung einen Menschen genauso töten wie mit einer Axt.’ Wohl erst recht, wenn man ihm diesen bescheidenen Rückzugsort auch noch wegnimmt.”
10 Kommentare:
Total schrecklich.
wahnsinn!!!
Sei zwangsgeräumt, sei tot, sei berlin!
Traurig unsere Gesellschaft :(
Scheiss deutsche Bürokratie…bitte den Passierschein a38.
..passiert nicht nur in berlin u auch gar nicht so selten, wie man meinen mag. selbst zwangsräumungen ohne gerichtlichen titel.. gerät nur leider viel zu selten an die öffentlichkeit..
..schlimme sache.
Mir steht auch die Obdachlosigkeit bevor, zusammen mit meinem anderthalb Jahre alten Kind.
Weil in München die Wohnungen so reichlich sind musste ich mit meinem Kind in eine Übergangseinrichtung ziehen, jedoch ist unsere Zeit hier bald abgelaufen und wir werden auf die Straße gesetzt. Das Wohnungsamt interessiert das alles nicht.
Ich bin körperlich eingeschränkt, nach einer misslungenen OP vor drei Jahren, das Amt berücksichtigt in keinster Weise die laufenden Verfahren zur Feststellung der Behinderung und zur Rente.
Sämtliche Mutter-Kind-Einrichtungen in dieser Stadt (die normalerweise dazu da sind um Obdachlosigkeit zu vermeiden) platzen aus allen Nähten, man bekommt nirgends einen Platz.
Auf dem freien Wohnungmarkt hat man als angehende Frührentnerin mit Kind natürlich auch die allerbesten Chancen. Ich rufe täglich sämtliche Wohnungsanzeigen an und habe auf 30 Anzeigen vielleicht einmal die Chance die Bude überhaupt einmal zu besichtigen.
In diesem System läuft doch ganz gewaltig etwas schief. In meinem Fall läuft doch alles darauf hinaus, dass ich mein Kind verliere und alleine unter der Brücke schlafen kann.
Ich versuche verzweifelt zu verstehen warum ich und viele andere Menschen in diesem Land in eine solche Lage gedrängt werden, aber es gelingt mir einfach nicht.
Liebe Esther,
deine Geschichte finde ich unglaublich, wenn sie vielleicht auch banal sein könnte (leider). Du darfst es einfach nicht zulassen, dass dir dein Kind genommen wird, dein Leben, dein Recht auf eine Wohnung, deine Würde. Offiziell gilt Deutschland nicht als ein Entwicklungsland. Diese Art von Misere darf sich nicht im Schatten unserer Republik weiter entwickeln. Die Meisten können sich gar nicht vorstellen, dass es so ein Unrecht, so ein Elend hier in Deutschland gibt. Die Wirtschaft läuft doch gut. Wir hören nur von positiven Zahlen.
Du musst deinen Fall unbedingt an die Öffentlichkeit bringen. Ich habe hier in Berlin eine Freundin, die als Journalistin für ein Boulevard-Blatt arbeitet. Sie hat eine Seite, auf der sie fast jede Woche einen Fall veröffentlicht, den sie geholfen hat zu lösen. Sie geht dem Fall nach, knüpft die richtigen Kontakte (als Journalistin hat sie gute Möglichkeiten) und dokumentiert dann alles in einem Artikel. Viele Zeitungen leben von Skandalen. Das Unglück der Anderen fasziniert. So ist es nun mal. Und so was gibt es sicher auch in München. Informiere dich. Wende dich an eine Zeitung. Außerdem gibt es auch nicht-staatliche Organisationen, die sich um Sozialfälle kümmern. Sie kennen die Möglichkeiten. Geh’ins Internet und suche. Es gibt Gratis-Internet Cafés. HIer in Berlin gibt es viele. In München sicher auch. Lasse die Arme nicht hängen. Es ist sicher nicht einfach, immer zu kämpfen für seine Rechte. Du hast ein Kind. Ihr seid zu zweit. Du wirst es schaffen. Werde nicht zynisch. Wenn ich richtig verstanden habe, hast du Recht auf eine Frührente wegen der missglückten Operation. Die komplizierte Bürokratie legt dir Steine in den Weg, aber du hast deine Rechte. Du hast sogar Recht auf juristischen Beistand. Erkundige dich. Du könntest dir einen Anwalt nehmen. Du kannst mir gerne antworten. Ich wünsche dir viel Kraft. Es wird klappen. Ich bin sicher!
Lieb Grüße aus Berlin von Mika
PS für Esther,
übrigens sage ich das alles nicht aus Idealismus sondern aus Erfahrung. Ich bin seit 4 Jahren in Deutschland mit meinem Sohn. Vorher habe ich 25 Jahre in Frankreich gelebt. Mit der Zeit hatte ich mir ein Idealbild von Deutschland aufgebaut. Mein erstes Vaterland! Nach einem 2. Studium wollte ich mir hier eine neue Existenz aufbauen. Auf nach Berlin, voll von Ideen. Obwohl ich nicht behindert bin, hätte ich beinahe auch unter einer Brücke geschlafen. Ich kenne die A-löcher vom Amt. Aber ich konnte das einfach nicht akzeptieren, so von meinem Heimatland empfangen zu werden. Weil das Amt eine Summe für die Miete vorschreibt, die nicht überschritten werden darf, hatte ich Probleme bei der Wohnungssuche. Ich bin wie verrückt durch die Stadt gejagt, habe stundenlang Schlange gestanden bei Wohnungsbesichtigungen (du glaubst nicht, was es für elende Behausungen gibt in Berlin), und meine neue Arbeit verloren, weil ich nur noch auf Wohnungssuche war, fulltime. Ich war beim großen Chef vom Amt und der hat mit doch tatsächlich angeboten, in ein Mutter-Kind-Heim zu gehen, sollte ich nicht fündig werden. Ich lebte damals auf Zeit zur Miete, musste am Ende des Monats raus und hatte auch Möbel. Alles scheiterte an starrer Bürokratie. Eiskalte und komplizierte, unsinnige Bürokratie gibt es auch in Frankreich, nur dort habe ich gelernt, auf meine Rechte zu bestehen und mich zu revoltieren. Also bin ich beim Oberchef gelandet. Der wollte mich auch abfertigen, aber hat nicht mit meinem Skandal gerechnet. Am Ende haben sie die Polizei gerufen, auch weil ich inzwischen Anhänger im Publikum hatte, die laut mitgemischt haben. Und es war dort auch eine Dame begleitet von ihrer Freundin, eben diese Journalistin. Die hat mir Hilfe angeboten und so kam alles ins Rollen. Nun habe ich eine nette Wohnung mit Balkon an der Spree.
Du kannst sagen, dass ich Glück hatte. Aber wenn ich mich nicht aufgelehnt hätte, dann hätte ich diese Journalistin nicht kennengelernt. Und wäre es auch anders gekommen. Ich hätte mich nicht von diesem Beamten mit Schlafmütze abspeisen lassen. Nur nebenbei, es gibt auch wirklich nette Beamte, die dir echt helfen wollen.
Du hast deine Rechte und musst sie mit all deiner Würde durchsetzen.
Ich wünsche dir frohes Schaffen. Du hörst dich intelligent an. Es kann nur klappen!
in der Tat – ganz schlimm, zum Weinen, total schrecklich. Ich wünschte den lieben, lieben zartfühlenden KommentartorInnen eine solch liebe, liebe Mieterin in der eigenen Wohnung … Nach wieviel Tagen hätten diese edlen Menschen wohl mit Zwangsräumung gedroht? Nach 1 Tag, 2 Tagen? http://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste_vom_16_05/zwangsraeumungen_.html