Gastautor Gurkenkaiser über “Supergrundrechte”, Sicherheit, Freiheit und was das Ganze mit Monopoly zu tun hat!
Wenn Regierung oder parlamentarische Opposition von “Sicherheit” reden geht es in 11 von 10 Fällen darum, bestehende Sicherheits-, Repressions- und Überwachungsapparate zu legitimieren, auszubauen oder ganz neue zu erfinden. Aktuell erklärt Innenminister Friedrich Sicherheit zum “Supergrundrecht”. Das hat natürlich mit der PRISM-Affäre zu tun: Friedrich muss die gigantischen Überwachungsapparate der USS verharmlosen, einerseits weil deutsche Geheimdienste im Grundsatz nicht anders arbeiten, andererseits weil Friedrich als überzeugter Transatlantiker kein Interesse hat, sich mit den USA anzulegen. Abgesehen davon kann man davon ausgehen, dass den entsprechenden Kreisen in Deutschland ohnehin alles bekannt war und sie nichts dagegen unternommen haben (eher schon mitgelesen).
Leider wird der von Friedrich aufgespannte Gegensatz – Freiheit oder Sicherheit, ihr müsst euch schon entscheiden – von einigen mehr oder weniger “linken” Blogs fast schon reflexartig aufgenommen. Mustergültig exerziert Stefan Laurin von den “Ruhrbaronen” den Reflex vor: Er sieht den Gegensatz wie Friedrich, ist aber für mehr Freiheit und weniger Sicherheit, den Freiheit ist sein “Supergrundrecht”.
Anstatt Friedrichs Spielchen brav mitzuspielen wäre es besser, den vorgelegten Sicherheitsbegriff zu hinterfragen: wovor haben wir denn wirklich Angst? Dass irgendwer in einer afghanischen Höhle (vorsicht, Klischee!) einen Plan ausheckt, mir in meiner Wohnung in Klosterdipoldswalde einen Wolkenkratzer auf den Kopf fallen zu lassen? Oder viel eher, dass ich meinen Job verliere, damit meine Wohnung, Discounter-Dreck fressen und beim Amt zu für ein paar Kröten zu Kreuze kriechen muss? Das erste Szenario ist so unwahrscheinlich wie unverhinderbar: irgendwer kann immer durchdrehen und ein Massaker veranstalten. Das zweite Szenario ist leider für viele realistisch – sei es als über allem schwebende Drohung oder bereits eingetreten. Dabei wäre es sehr leicht vermeidbar, indem man Sicherheiten schafft, was Wohnen, Ernährung usw. angeht. Das wäre SICHERHEIT gegen die niemand ernsthaft was haben könnte – von der redet der Innenminister als überzeugter Anhänger der Konkurrenzgesellschafts selbstverständlich nicht und auch Kritiker_innen wie Laurin kommt das nicht in den Sinn. Mit dieser SICHERHEIT – der ökonomischen – wäre auch eine neue FREIHEIT hergestellt: ich könnte frei meine Meinung äußern ohne – wie es jetzt ist – fürchten zu müssen, dass künftige Vermieter_innen, Chefs, Behördenmenschen und andere, die nun mal über mein Schicksal bestimmen, das lesen und mich künftig schikanieren. Diese SICHERHEIT ist das “Supergrundrecht” das wir einfordern müssen, denn damit wären auch neue FREIHEITEN geschaffen.
Und, das trau ich mich auch zu sagen, wenn der materielle Mangel erst mal beseitigt ist, geht den Terrororganisationen auch bald der Nachwuchs aus.
Das Problem, wenn man Freiheit gegenüber Sicherheit betont ist aber auch, dass man den Neoliberalen Ideolog_innen in die Hände spielt. Solche behaupten oft, dass das Risiko des ökonomischen Absturzes zur Freiheit dazu gehört. Aber das ist die große Lüge in einer Welt, in der man problemlos 12 Milliarden Menschen ernähren könnte, aber von den 7-8 Milliarden Lebenden trotzdem permanent Menschen verhungern oder an heilbaren Krankheiten sterben.
Wer dieses Risiko dennoch unbedingt braucht, für den oder die hab ich auch einen Tipp: Geht doch bitte Monopoly spielen.
5 Kommentare:
Verdammt, wo ist denn hier der Flattr-Button?
Schöner Beitrag, in dem gut herausgearbeitet ist, dass hier Sicherheit und Freiheit zur euphemistischen Kaschierung benutzt werden und die Worte nur kursieren, weil sie abstrakt positiv konnotiert sind.
Eine Sache würde ich aber gern ergänzen:
Friedrich nennt die Sicherheit ein “Supergrundrecht”, das “im Vergleich zu anderen Grundrechten herausgehoben” werden müsste.
Friedrich verkennt hier aber, dass seine Sicherheit, also die Sicherheit vor irgendwelchen diffusen Phantasiebedrohungen für die Gesellschaft etc., erstens überhaupt kein Grundrecht ist, dass es zweitens anerkanntermaßen keine Grundrechtshierarchie gibt und dass Grundrechte zuallererst Abwehrrechte der Bürger gegen den Staat sind – und nichts was der Staat vormundschaftlich für die Bürger erledigt.
Wir geben dem Staat die Kompetenz hoheitliche Aufgaben für uns zu erledigen und das Gewaltmonopol zu verwalten. Deshalb muss der Staat natürlich auch für unsere Sicherheit sorgen. Das ist aber wie geschrieben kein Grundrecht, sondern eine delegierte Kompetenz, die der Staat in unserem Auftrag erledigt. Grundrechte sind Rechte, die uns vor Eingriffen des Staates bei der Ausübung dieser Kompetenz schützen sollen.
Friedrich sieht die Rolle des Staates wohl anders als unsere Verfassung. Er sieht den Staat anscheinend als guten Samariter, der sich um seine Bürger kümmern müsste und sie vor sich selbst schützen müsste, weil sie es ohne ihn nicht könnten. Diese Einstellung kennt man aus totalitären Gedankenkonstrukten, in denen alles überwachende Machthaber ihr verfassungsfeindliches und grundrechtsverachtendes Handeln damit begründen, dass sie die Bürger doch nur unfreiwillig in ihren Grundrechten beschneiden, weil sie sich um sie, ihre Schäfchen, sorgten und sie lieben.
http://www.youtube.com/watch?v=1XBEqyu5Mck
Ja sehr guter Beitrag und wahre Worte, weiter so!
Und es ganz wichtig das Sicherheit ein Gefühl ist…Man kann zwar messbare Werte schaffen wie Wasserdichtigkeit von Uhren Handys uä aber wie kann man den Leuten die Furcht vorm Zubebettgehen nehmen-um es einerseits absurd und zugleich lebensnah zuhalten-die meisten Leute sterben im Bett Wie kann dann Datensammeln diesen Vorgang “sicherer” machen oder das Betreten von Innenstädten,das Eisessen,das Nasebohren.Die einzigen die was davon haben sind Firmen die Sicherheit in irgendeiner Form dem Staat verkaufen und Terroristen(jeglicher Coleur) die auf eine zunehmende Repression setzen können.Diese hat wiederum einen Mitgliederzuwachs zur Folge!! Ich kann die Absurdität dieses normalen Wahnsinns nur mit allen Farben des Humor ertragen…
das ist nun wirklich einer der überflüssigsten artikel, die ich hier seit langem gelesen habe. allein schon, dass es offenbar niemanden gab, der die paar absätze mal korrektur lesen konnte, stört. wie der autor aber ohne argumente in der hand behauptet, die dialektik von freiheit und sicherheit widerlegen zu können, ist wirklich absurd. entschuldigung: aber ein unreflektiertes bauchgefühl gespickt mit ein paar “witzigen” vergleichen; das hat für eine fundierte gesellschaftsanalyse noch nie getaugt.
herzlichst
ein “linker blogger”