Jasper Nicolaisen, wie ist eigentlich der Name von Satan?

Jasper hat gerade mit “Ein schönes Kleid” einen Roman über eine queere Familie veröffentlicht, außerdem schrieb er auch einen Beitrag für die Punk-Anthologie “Damaged Goods”, wir beide sprachen über alles und nichts, aber auch über Wurst und Milchekel.

-

Jasper Nicolaisen

Lieber Jasper, wie ist eigentlich der Vorname von Satan?

Der Vorname von Satan ist Sassy S.

Moment, bin mir gerade unsicher. Die Anderen habe ich gefragt wie der Nachname von Satan ist. Das lassen wir so drin und die Frage ist dann wohl eher ob Satan Vor- oder Nachname ist.

Der Nachname von Satan ist Harnfedder.

Also ist Satan nur der Mittelname? Sassy S. Harnfedder! Ich dachte immer, dass das so wie bei Madonna und Prince oder Sting wäre. Genau genommen nahm ich auch mal an Sting wäre Satan, wenn Du ein Star nach Wahl sein könntest. Wer wärest Du?

Ich wäre gern jemand, der oder die wahnsinnig sexy und zugleich unglaublich lässig und abgeklärt ist. David Bowie oder Debbie Harry würden wohl das Rennen machen. Oder – da ich ein Fantasyfreak bin – auch irgendein Zauberer in einem dunklen Turm mit so Fetischwäsche und exaltiertem Stab.

Gandalf der Geile?

Ach, nicht ganz so albern. Eher so vom Cover einer skandinavischen Metalband herab. Mein Name begönne mit X und hätte ganz viele Zirkukmflexe. Xaxxy X. Xyrthumflxxx oder so.
Halt nur mit Zirkumflexen.

Und dann auch mit so einem Logo was unglaublich unleserlich ist?

Ja. Wie blutsaufende Ranken, die im Schlaf deine Adern durchschießen und dich mit Dornen spicken, aus denen gedankenverätzendes Gift tröpfelt.

Das ist ein gutes Stichwort, das Gift verzaubert Dich nämlich in eine Chimäre. Halb Mensch, halb Wurst. Welche Hälfte wäre Mensch, welche Wurst und warum?

Meine obere Hälfte wäre Wurst, damit mich die Leute öfter auf der Straße ablecken. Meine untere Hälfte wäre Mensch, damit ich Knie habe. Knie sind eh das geilste. Die haben auch die besten Krankheiten. Einmal hatte ich was mit Miniskus, so lange war noch nie ein Mensch krank geschrieben. Und beim Sport durfte ich immer nur auf einer Weichmatte rumhampeln. Und eine sehr strenge Physiohexe hat mir Pflaster auf die Oberschenkel geklebt und mir Eigenurin verordnet. Mjam! Also, alles ist gut an Knien. Obenrum müsste es aber, merke ich gerade, Veganwurst sein. So viele Menschen, die ich kenne und schätze, essen kein Fleisch.

Ich hab heute gelesen, dass Morrissey gesalzene Butter mag und nur vegetarisch lebt. Irgendwie komme ich darauf ja gar nicht klar.
Also ich meine, ich dachte der wäre Hardcore-Vegan und so…

Was ist jetzt schlimmer? Gesalzene Butter oder das Vegetarische? Gesalzene Butter mag ich, weil sie mich an meine Oma erinnert. Vegetarische Ernährung finde ich irgendwie inkonsequent. Für Milch und Eier sterben doch auch dolle viele Küken und Kälbchen usw.

Außerdem, was viele Leute nicht wissen: In Milch trudel irre viele so Fleischfetzen und Innereienreste rum. Da gibt es Grenzwerte. Deshalb spricht niemand darüber. Muss man wissen!

Fühle mich bestätigt in meinem Milchekel und Magie ist Physik durch wollen! Das muss man auch wissen, aber was muss man über Dich wissen?

Ah, jetzt kommen wir zum Sinn und Zweck dieses Interviews. Über mich muss man wissen, dass ich einen Roman geschrieben habe, der heißt “Ein schönes Kleid”. Darin geht es um zwei Herren, die ein Pflegekind aufnehmen. Man kann das Buch auf verschiedenen Ebenen lesen. Es ist zum einen eine Familiengeschichte, dann auch eine queere Geschichte, drittens aber auch ein recht lustiger und oft sogar nachdenklicher Entwicklungsroman. Und ansonsten muss man noch über mich wissen, dass ich fast jeden Scheiß mitmache und ab September eigentlich nur auf dem Sofa liegen möchte, Rollenspiele lesen und Barockopern hören. Alles kann, nichts muss. Übrigens: Milchekel, guter Punkbandname.

Tschuldigung, aber eigentlich ist es ein absolutes unsinniges Interview, daher wäre ein Geheimnis passender. Oder ein unnützes Talent. Hast Du eines?

Also, wenn das unter uns bleibt, dann verrate ich dir, dass ich eine so gelungene Kombination aus 1 Bauchfalte und Bauchnabeltiefe habe, dass sich besonders große Flusen darin fangen. Kinder freuen sich darüber. Ist ein guter Icebreaker auf dem Spielplatz.

Flusen im Bauchnabel ist so ein Tabuthema. Wie kommen die eigentlich da hin?

Abrieb. Aber über Abrieb redet halt keiner gerne. Man denkt an Tod dabei. Und es klingt auch so unangenehm sexuell. Tod und Sex, da hören die Leute weg.

Ich dachte damit verkauft Thees Uhlmann jetzt Bücher und Platten?

Wer?

Oh, offensichtlich bist Du kein Freund von Thees, dabei dachte ich er sei mit allen befreundet und alle mit ihm. Hmm.
Ich auch nicht, also wir beide offensichtlich nicht.

Ich bin mal mit einem zur Schule gegangen, der hieß Thies. Er hatte eine eigene Stereoanlage und die damals neue Genesis. Falls das was hilft.

War damals noch Peter Gabriel dabei?

Nein, nein. Dafür bin ich ja zu jung. Ich darf Genesis ungestraft scheiße finden, und muss mir nicht immer von irgendwelchen alten Männern anhören, dass sie auf “The Lamb lies down on Broadway” irgendwie noch wie Brian Eno geklungen hätten. Ich muss bloß immer jungen Leuten erklären, dass in den 90ern kein Mensch Britpop und Björk gehört hat oder auch nur Techno. In meiner Schule gab es nur “Eine Insel mit zwei Bergen” und das Lied von Clawfinger, dessen Titel man heute nicht mehr so sagt.

Eben! Wir sind dann wohl so im selben Alter und da gingen alle auf das Comeback von Modern Talking steil und Tic Tac Toe sagten endlich mal was Sache ist. Die haben sich vielleicht was getraut! Ich bin ein großer Fan der 90er. Was dürfte in einem Roman über die 90er nicht fehlen?

Frag lieber, was da rein sollte. In meiner Erinnerung sind die 90er so ein fürchterlich profilloses Jahrzehnt, in dem zwar eine Menge passiert ist, aber halt nichts Besonderes. Okay, die beiden deutschen Staaten wucherten wieder zusammen und höheren Orts befand man, dass die da unten nicht mehr einfach so Geld kriegen dürfen, sondern … ach, ist ja auch egal, was die machen, Hauptsache, es kostet nicht so viel. Und die Leute, die heute Geflüchtete anzünden, hatten damals ihre schwere Kindheit, wegen derer man sie dort abholen muss, wo sie stehen: vorm Büdchen, in ihrer eigenen Kacke, im Sandkasten. Na, das überlasse ich Siegmar Gabriel. Die 90er? Bei uns hat es da immer geregnet. Es war wohl das letzte Jahrzehnt, in dem man sich einbilden durfte, alles würde immer so weiter gehen, also: mit nichts besonderem. Radiohead. Radiohead wimmerten damals schon los. Und es wurde mehr gekifft. Schule. Alles war wie ein einziger, langer Schultag an einem mittelstädtischen Gymnasium. Ein Roman über die 90er wäre wie “Täglich grüßt das Murmeltier”, verfilmt durch das ZDF. Das trifft es ganz gut. Mir wird schon wieder so flau wie damals.

Ich würde das lesen wollen. Wichtig waren aber auch Frisuren. Es gab den Straußenarsch, das war so hinten toupiert und die frosted Tips, das war nur so halb blondiert. Und Bravo war damals noch wichtig und im Internet hast Du Freunde gefunden und nicht nur Hass. Damals war das Internet eher so: Woah, mein Dorf ist kacke, aber da draußen gibt es viele Dörfer die sind noch schlimmer und da wohnen Leute wie ich mit denen kann ich jetzt chatten. Damals dachte ich noch das Internet würde richtig geil werden.

Welches Jahrzehnt findest Du denn besser?

Meine Tante war die erste, die Internet hatte. Sie arbeitete am Institut für Meereskunde, und immer, wenn ich da zu Besuch war, durfte ich Wettersimulation spielen. Ab und zu pingte es, und dann hieß es, das war eine Email. Die meinte immer, irgendwann schreiben alle Email und jeder ist im Usenet. Wir haben sie ausgelacht, aber kaum zehn Jahre später hatten sich ihre kühnsten Träume schon abgerieben. Meine erste Emailadresse hatte ich 1998 übrigens. Welches Jahrzehnt wäre besser … ich habe da nur ganz peinliche Standardantworten. Wie fast alle Menschen, die ich kenne, möchte ich entweder in den 1920er oder 1960er Jahren leben. Natürlich mit genügend Geldmitteln ausgestattet und auf irgendwelchen Haschparties rumhängend. Nicht so als Arbeiterpferdchen, das mit Alkohol bezahlt wird. Eigentlich also eher in so Alternativweltjahrzehnten. Die 1920er verfilmt von der BBC mit mir als Johnny Depp. Die 1960er verfilmt von ARTE mit mir als Angela Davis. Oder gab es die da schon? Egal, ist ja Fernsehen.

Das ließe sich ja auch mit dem Fantasy-Ding verbinden. Vielleicht als Zauberer der zwischen den 20ern und 60ern rumspringt. Eine Mischung aus Back To The Future, Catweazle und Wonder Years. Sollten wir das pitchen?

Bei der Höhle der Löwen! Ich möchte eigentlich, dass diese blonde Frau das einkauft, die immer so schelmisch-skeptisch guckt. Aber die ist gar nicht mehr dabei, oder? Dieser brummelige Herr mit dem Einstecktuch? der auch nicht, ne? Da war was mit Steuern. Am Ende tun sich eh wieder der App-Heini und die Verkaufsfernsehnfrau zusammen. Es muss dann irgendwie übers Internet laufen und sie wollen auf alle Fälle “30%”. Keine Ahnung, von was, aber so sind diese Leute. Kapitalismus. Nicht meine Welt. Bin mehr an Geld interessiert.

Mit Geld könnte mal viel machen. Zum Beispiel Sachen kaufen. Welcher Alltagsgegenstand wäre besonders nervig wenn er immer wenn Du ihn benutzt seinen Namen schreit?

Das ist jetzt so eine Sexfrage, oder? Gut, I take the bait. Sextoys, Sextoys!

Ältere Herren haben Angst davor, dass die Toilette ihren Namen ruft. Wir haben offensichtlich noch gesunde Blasen. Kommen wir zum Klassiker des unnützen Interviews die Frage der Fragen: Was würdest Du gerne mal gefragt werden?

Lieber Jasper, was würdest du eigentlich den ganzen Tag machen, wenn du nicht zur Lohnarbeit gehen müsstest?

Ich denke wir geben diese Frage an alle weiter, die bis hierhin mitgelesen haben. Vielen Dank!

Ich danke dir! Um die Frage zu beantworten, ich würde übrigens so ein total achtsames Leben führen, in dem ich jeder meiner Bewegungen nachspüren würde bis zum Getno!

Weiterführende Links

Ein schönes Kleid: Roman über eine queere Familie bei amazon kaufen (Partnerlink)
Mehr zu “Damaged Goods”
Nilz Bokelberg, wie ist eigentlich der Nachname von Satan?!
Wie ist eigentlich der Nachname von Satan? – Ein unnötiges Interview mit Linus Volkmann



Dein Kommentar:

Kommentarfeed zu diesem Artikel via RSS abonnieren.



Hinweis: Kommentare werden moderiert. Sie können auch ohne Angaben von Gründen gelöscht werden. Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht!