Van der Brügge – »Du hast doch noch Zeit«

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Wer ist es, der da singt? Ist das für mich? So fremd. Und doch so nah. So sanft, und doch so bestimmt. So unverständlich und doch so überzeugt. So beiläufig und doch so genau. Ich nehme mir die Zeit, mich von einer unbekannten Vertrautheit umfangen zu lassen. Sie nimmt mich an die Hand, begleitet mich gemessenen Schrittes auf eine Reise, die irgendwie auch dann retrospektiv zu sein scheint, wenn es um Themen wie Zukunft
oder die Nachwelt geht.

Die unbekannte Vertrautheit führt mich durch Petitessen des Alltags. Ist das noch von vorgestern übrig geblieben? Oder visioniert hier jemand schon ins übermorgen? Es gibt keine Erklärungen, allenfalls Indizien. Und das ist gut so. So habe ich noch Zeit diese Reise unverstanden zu Ende zu hören. Über die Merkwürdigkeiten diese unbekannten Weges hüpft es sich leicht. Irgendwie vertraut. Vielleicht schon oft gehört, doch nie verstanden. Weil es nie die nötige Zeit gab, sich mit ihnen zu beschäftigen. Ein Versäumnis? Jetzt hole ich es nach. Geheimnisse, die manchmal mein Interesse wecken,
manchmal auch nicht. Sagen Sie: Kennen wir uns vielleicht von früher?

Van der Brügge, 2019 gegründet, das sind Pascal Fuhlbrügge, Andreas van der Wingen und Joachim Franz Büchner. Das Markenzeichen des Hamburg-Düsseldorfer Projektes ist eine unaufgeregte Melange aus Chanson, Hörspiel und ambientem deutschsprachigem Pop. Ihre Texte sind getragen von einer Souveränität, die Kraft aus der Erkenntnis zu schöpfen scheint, dass es nicht unbedingt das grelle Scheinwerferlicht braucht, um
gehört zu werden.

So kreieren Van der Brügge mit ihrem Debut-Album „Du hast doch noch Zeit“ einen ausbalancierten Gegensatz aus ambienter Lässigkeit, aus dem Groove eines Flaneurs, der schon vieles gesehen hat einerseits und hermetisch-impressionistischen Textfragmenten. Das schafft Irritation. Eine Irritation, die für Van der Brügge spricht. Denn ihre Musik ist maximal unspektakulär, aber nie langweilig. Sie ist intim, und bleibt dennoch geheimnisvoll. Sie setzt sich zwischen alle Stühle und ist trotzdem dein höflicher Begleiter. Das muss man erstmal hinkriegen.



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